Die Kaffeerösterei zählt zu den ersten Eindrücken hier in Kalk. 2012, als noch überhaupt nicht abzusehen war, dass ich hier einmal wohnen und arbeiten würde. Bei einem Sonntagsspaziergang wagen wir uns damals in den wilden Osten und ich erinnere mich, dass ich überrascht war von der Hauptstraße, vom Kaufhof, von einer Kneipe bei der man Konserven der Gulaschsuppe aus der Puszta-Hütte am Neumarkt kaufen kann und eben von der alten Kaffeerösterei mit der kuriosen Auslage. Jetzt, sechs Jahre und drei Städte danach wohne ich um die Ecke, kaufe hier meine Fair Trade-Bio-Mischung und kann, wenn der Wind günstig steht, sogar schon an der Haustüre riechen, wenn gebrannt wird.
Am Mittwochnachmittag gehe ich wieder aus dem Haus, vorbei an den beiden Gaststätten, vor denen die ersten Senioren schon mit einem Kölsch vor sich in die Herbstsonne blinzeln, vorbei am Bücherschrank vor der Bäckerei und der immer gut besuchten Eisdiele. In der Kaffeerösterei wird gerade das Fenster neu dekoriert. Ein wenig kahl sieht es aus und wird vermutlich schon bald für den Herbst oder Halloween hergerichtet. Die Verkäuferin unterhält sich mit einer Kundin und ich beschließe, vorher noch schnell bei der Bank Geld abzuheben. Auch vor dem Palmengrill stehen junge Männer draußen vor der Tür, rauchen eine Zigarette und machen verstohlen hinter dem Briefkasten ein Selfie. Fast so, als wäre Frühling.
Als ich zurückkomme, ist die Kundin immer noch da und ich bekomme noch den Schluss des Gesprächs mit, bei dem es um Gemüse geht. „Hier auf der Kalker Hauptstraße“, sagt die Verkäuferin, „da gibt es doch so viele Gemüsehändler mit solchen Auslagen.“ Ihre Hände zeigen die Breite des Angebots. „Da frage ich mich immer, wieviel da eigentlich weggeworfen wird.“ Das klingt ja schon nach Supermarkt-Challenge, denke ich mir und warte bis die Kundin ihren Stoffbeutel gepackt und den Laden verlassen hat.“
„Ich wollte mal fragen, ob Sie schon mit dem Chef sprechen konnten“, sage ich.
Die Verkäuferin guckt mich fragend an und es dauert einen Moment, bis sie mich zuordnen kann.
„Tja“, sagt sie, „er sagt, dass er so was grundsätzlich nicht macht.“
Irgendwie hatte ich diese Antwort schon erwartet.
„Schade“, sage ich.
„Ja“, sagt die Verkäuferin, „ich hätte mich gefreut.“
Wir verabschieden uns und ich verspreche, demnächst wieder als Kunde vorbei zu schauen.
Als ich später am Tag wieder vorbeilaufe, sehe ich den bärtigen Kaffeeröster bei der Arbeit und überlege für einen Moment, ob ich ihn ansprechen soll.
„Na“, denke ich, „wenn er nicht will, dann will er nicht. Es reicht, wenn die Leute da einkaufen gehen.“
Kaffeerösterei Hans Hogrebe
Kalker Hauptstraße 166 / Mo-Fr 9-16.30, Sa 9-16
Diese Reihe ist Teil der „Supermarkt-Challenge“, einer Initiative der Aktion Agrar, die mit Kampagnen, Hintergrundrecherchen und Mitmach-Aktionen das Verhältnis der Menschen zu ihren Lebensmitteln verändern wollen. Eine Woche lang, vom 19. bis zum 26. Oktober, verzichten die Teilnehmer*innen der Challenge bewusst auf den Einkauf in Supermärkten und Discountern und werden dabei mit Tipps und Rezepten unterstützt.