Supermarkt-Challenge 02/07

Bevor wir mit den Porträts loslegen, müssen wir noch einmal eine Runde drehen. Auf der Kalker Hauptstraße, aber auch gedanklich – denn schon während der Vorbereitung wird deutlich, dass die eigentliche Challenge woanders liegt.

Die Anfrage

Im Juni kommt die erste Mail von der Aktion Agrar. Kollegin B. aus Aachen habe mich empfohlen, ob ich mir vorstellen könne, eine Woche ohne Supermarkt mit Texten zu begleiten. „Kann ich mir vorstellen“, antworte ich, „ich bin allerdings ab morgen erst einmal zwei Wochen in Frankreich. Wollen wir danach telefonieren?“ Während der Reise geht mir das Projekt durch den Kopf. Die vorgeschlagenen Themen wie Schnippeldisko, Solawi und Biokiste sind, um ganz ehrlich zu sein, nicht wirklich mein Ding. Und mit Supermärkten selbst habe ich mich ausführlich in meinen Kas|sen|zet|teln beschäftigt. Aber während wir in der französischen Provinz immer wieder verwaisten Markthallen begegnen, den Leerstand in den Innenstädten nicht übersehen können und gezwungenermaßen in den üppigen Supermarchés in den Industriegürteln einkaufen, wird plötzlich deutlich, was mich in diesem Fall wirklich interessiert: Das, was noch da ist!

Der Plan

Also dann die Supermarkt-Challenge in Köln-Kalk. Eine Woche darüber schreiben, wie und wo man auch in der Stadt ohne Discounter und Vollsortimenter auskommen kann. Keine wirklich große Herausforderung, denke ich, vor Ort gibt es ja noch Alternativen. Also schreibe ich ein kleines Konzept, suche mir ein paar Adressen zusammen und mache mir einen Zeitplan. Montag vor dem Start der Supermarkt-Challenge müsste reichen, plane ich, um alles in Ruhe vorproduzieren zu können. Die Kaffeerösterei, in der die Bohnen in sorgsam polierten Messingschalen abgewogen werden, die Bäckerei, deren Inhaber ich als Produzenten, Nachbarn und Aktivisten schätze, die Metzgerei, in der ich meine Salsiccia kaufe, und der Fischladen, in dem ich mal eine Tüte Knurrhahn für die beste Fischsuppe in die Hand gedrückt bekam. Zufrieden schaue ich auf meine Liste – alles Geschäfte, bei denen ich ein grundlegend gutes Gefühl habe.

Die Metzgerei

„Guten Tag, ich bin Journalist. Es gibt da so eine Aktion im Internet, weniger Supermarkt und mehr Fachgeschäfte und so. Da schreibe ich über Einkaufen in Kalk.“

„Aha. Da müssen Sie morgen wiederkommen“, sagt ein Mann, etwa in meinem Alter, der in einer weißen Schürze die Pasta im Regal vor der Fleischtheke sortiert, „der Chef ist heute nicht da.“

„Morgen, ab wann?“

„So ab halb neun.“

Als ich die Metzgerei am nächsten Tag wieder betrete, steht der jüngere Mann wieder vor der Theke, der Chef, um die 70, dahinter.

„Il giornalista“, sagt der Mann von gestern zum Chef. Vielleicht sein Vater?

Der nickt und guckt misstrauisch.

„Ich schreibe über Einkaufen in Kalk.“

„Aha.“

Der Blick wird nicht weniger misstrauisch.

„Nur ein Foto von ihnen und ein paar Fragen.“

Der jüngere Mann übersetzt zur Sicherheit.

„So?“, der Chef streicht sich über die weißen Stoppeln am Kinn, „so geht nicht!“

„Wann ginge es denn?“

„Nächste Woche.“

„Montag?“

„Vielleicht.“

„Montag wäre gut für mich. Vormittags?“

„Ich habe Kompagnon, meine Bruder. Muss ich erst fragen.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert